Psychische Störungen werden in der Verhaltenstherapie auf zwei Ebenen erklärt.

Auf der Makroebene lassen sich lebens-/ und lerngeschichtliche Verletzlichkeiten und Entstehungsbedingungen erklären, die dazu beitragen, dass wir überhaupt krank werden (Weitwinkel-Sicht). Aus der Frustration psychischer Grundbedürfnisse (Bindung, Kontrolle/Autonomie, Selbstwertschutz und Lustgewinn/Unlustvermeidung) entstehen ungünstige Grundannahmen über uns, Andere und die Welt, mit spezifischen Situationserwartungen und Verhaltensplänen. Krisenhafte Situation können dann zum Symptomausbruch führen.

Auf der Mikroebene dient eine detaillierte Analyse beispielhafter Problemsituation dem Verständnis, warum wir Verhaltensweisen ausführen, die uns schaden (Zoom-Sicht). In der Therapie ergründen wir insbesondere drei typische Regelkreise, die ungünstiges Verhalten aufrechterhalten. Zum einen störungsspezifische Teufelskreise: bei Angststörungen führen Strategien zur Angstvermeidung zu mehr Angst. In depressiven Phasen sorgt Inaktivität durch Antriebsmangel für einen Rückgang von Ressourcen und Kraftquellen und reduziert somit die Stimmung zusätzlich. Bei Zwangserkrankungen sorgen die Zwangshandlungen für einem Zugewinn an Kontrolle und Sicherheit und bestätigen dadurch die Notwendigkeit der Zwangshandlung und halten sie aufrecht.

Zum Anderen sind interaktionelle Teufelskreise relevant: eine Verantwortungsabgabe aus mangelndem Selbstvertrauen führt in der Regel zu mehr Unsicherheit, negative Erwartungen an den Partner erfüllen sich rasch als sich selbst erfüllende Prophezeiung. Schließlich ist es relevant sich Funktionalitäten der Symptome auf der Mikroebene anzuschauen, hier kann zum Beispiel eine Antriebsarmut die Funktion erfüllen, sich nicht mit der empfundenen Sinnlosigkeit des Lebens auseinander setzen zu müssen.

Aus beiden Ebene entsteht ein multifaktorielles Störungsmodell, das als Grundlage für die Behandlungsplanung dient.

Quelle:

Zarbock, Gerhard (2017). Praxisbuch Verhaltenstherapie. Grundlagen und Anwendungen biographisch-systemischer Verhaltenstherapie.