Selbstmitgefühl stärkt Selbstwert und psychisches Wohlbefinden

Selbstmitgefühl ist ein Begriff, der auch in der Achtsamkeitslehre Anwendung findet. Wir benötigen Achtsamkeit als Grundlage dafür, zu bemerken was wir fühlen und wie wir mitfühlend mit uns umgehen können. Achtsames Mitgefühl meint Freundlichkeit, Verständnis und Fürsorge uns selbst gegenüber.

Kristrin Neff (2011) definiert Selbstmitgefühl als die Fähigkeit

  1. In Zeiten von Schmerz oder Versagen freundlich und verständnisvoll mit sich umzugehen, anstatt selbstkritisch zu sein (self-kindness)
  2. Das eigene Leid als Teil einer größeren menschlichen Erfahrung zu betrachten, die verbindet und nicht isoliert (common humanity)
  3. Schmerzhafte Gefühle und Gedanken im achtsamen Gewahrsein zu halten, anstatt diese zu unterdrücken, sie zu vermeiden oder sich mit ihnen zu identifizieren (mindfullness).

Viele Menschen kennen diesen Umgang guten Freund*innen gegenüber. Wenn diese unter den Irrungen des Lebens leiden, sie z.B. von ihren Partner*innen verlassen oder im Job kritisiert wurden, erkrankt sind oder einen Misserfolg erlitten haben, wenden wir uns ihnen zumeist mit einer mitfühlenden Offenheit zu, unterstützen sie mit warmen, aufbauenden Worten, machen ihnen Mut und verstehen gut, dass sie gerade unter diesen Umständen leiden. Selten kommen wir auf die Idee, diese für Schmerzen oder Leid zu kritisieren. Leider ist der Umgang mit sich selbst bei vielen Menschen weniger freundlich und mitfühlend.

Selbstmitgefühl stellt sich in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung derzeit als entscheidend für psychisches Wohlbefinden, ein gutes Selbstwertgefühl und positive Affekte, insbesondere in schwierigen Momenten des Lebens heraus. Kristin Neff und Kollegen konnten beispielsweise zeigen, dass ein freundlicher und mitfühlender Umgang mit sich selbst, insbesondere in der Konfrontation mit eigenen Unzulänglichkeiten und Schwächen, eher ein stabiles Selbstwertgefühl hervorsagt als das bisher angenommene und viel trainierte Selbstbewusstsein (Neff&Vonk, 2009).

Genau wie in der Achtsamkeitslehre insgesamt, kommt Selbstmitgefühl ohne Bewertung aus. Es geht nicht vorranging darum sich selbst und eigene Kompetenzen und Stärken positiv einzuschätzen, sondern sich selbst in guten und schlechten Zeiten annehmend und mitfühlend zu begleiten – eben genau so, wie eine*n gute*n Freund*in.

Wollen Sie ihr Selbstmitgefühl stärken? Verdeutlichen Sie sich doch im nächsten schmerzvollen Moment einmal, wie sie ihrem*r engsten Freund*in genau jetzt begegnen würden und probieren diese Haltung für einen Augenblick an sich selbst aus. Macht es einen Unterschied?

Quellen:

Neff, K. D., & Vonk, R. (2009). Self‐compassion versus global self‐esteem: Two different ways of relating to oneself. Journal of personality, 77(1), 23-50.

Neff, K. (2011). Self-Compassion: Conceptualizations, Correlates, & Interventions. Review of General Psychology, 4, 289–303.

selbstmitgefuehl.jpg (1280×719) (psychotherapie-im-lehel.de)

Weiterführende Informationen:

www.self-compassion.org (englischsprachig)

Was ist Selbstmitgefühl? | msc-selbstmitgefuehl.org