Menschen mit psychischen Erkrankungen sind in der Gesellschaft immer noch mit Ausgrenzungen und Vorurteilen konfrontiert. Das ist für Betroffene neben ihrer Erkrankung eine zusätzliche Belastung und kann sogar zu einer Verschlechterung der Symptomatik führen.
Seit einiger Zeit ist zu beobachten, dass immer mehr Menschen, die von einer psychischen Erkrankung betroffen sind, ihre Situation über social media Kanäle wie Tiktok oder Instagram öffentlich machen. Dieser offene Umgang fördert eine „Normalisierung“ von psychischen Erkrankungen, und Betroffene fühlen sich weniger allein, wenn sie sich mit anderen vernetzen können.
Ein leichtfertiger Umgang damit kann aber auch dazu führen, dass Menschen sich selbst diagnostizieren und keine professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, obwohl dies wichtig wäre, um die seelische Gesundheit wiederherzustellen und eine Chronifizierung der Erkrankung zu vermeiden. Vor allem Jugendliche sind von dieser ernstzunehmenden Entwicklung betroffen.
Zudem werden Fachbegriffe wie z.B. Trauma, Narzissmus oder Tourette leichtfertig für Menschen benutzt, welche keine Symptomatik mit Krankheitswert zeigen, obwohl es klare Kriterien gibt, wann diese Diagnose vergeben werden darf. Dadurch werden Störungsbilder in der Wahrnehmung der Gesellschaft verharmlost. Eine derartige Diagnose darf nur von eine:r Ärzt:in oder eine:r Psychotherapeut:in gestellt werden. Falls Sie vermuten, dass Sie oder Ihr Kind von einer psychischen Erkrankung betroffen sein könnten, wenden Sie sich daher an entsprechende Fachpersonen.
Literaturhinweis:
HAZ vom 16.07.2022 Seite 23