Prokastionation ist für sich genommen keine psychische Diagnose nach der ICD-10, kommt aber im Zusammenhang mit anderen psychischen Problemen häufiger vor. Es bezeichnet ein unbefriedigendes Aufschiebeverhalten von eigentlich notwendigen Tätigkeiten. Charakteristisch ist dabei, dass stattdessen ein anderes Verhalten ausgeführt wird, was unmittelbar verstärkend auf uns wirkt.
Häufig werden von Betroffenen Arbeitssituationen beschrieben, in denen, statt der zu erledigen Arbeit am Laptop, die Klamotten aussortiert oder E-Mails geschrieben werden – wichtige Aufhaben zwar, aber keine dringlichen. Psychologisch geht es darum, dass diese Tätigkeiten entweder weniger unangenehme Gefühle auslösen (z.B. Angst, Ungeduld, Scham) oder keine große Ausdauer erfordern.
Anders als bislang häufig postuliert, geht es bei der Prokastination weniger um ein Problem des Zeitmanagements, als vielmehr um die Schwierigkeit mit unangenehmen Gefühlen wie beispielsweise Frustration, Langeweile und Versagensangst umzugehen – ein Problem in der Emotionsregulation.
Problematisch wird das Prokrastinieren dann, wenn die Betroffenen darunter leiden, sie auch außerhalb der Arbeitssituation permanente Angst und Anspannung verspüren oder durch das Aufschieben ernsthafte berufliche oder schulische Konsequenzen drohen oder eintreten.
Therapeutisch geht es neben der Problemlösung, dem Zeitmanagement und einer (Neu-) Priorisierung von Aufgaben insbesondere darum zu lernen, mit unangenehmen Gefühlen umzugehen, diese zu regulieren und nicht weiter zu vermeiden. Sich mit eigenen unangenehmen Emotionen auseinanderzusetzen, bedeutet häufig auch, eigene Ansprüche und Forderungen an sich zu hinterfragen und über Lebensziele und -werte zu reflektieren.
Literatur
Höcker, A., Engberding, M., Beißner, J., & Rist, F. (2009). Reduktion von Prokrastination: Module zum pünktlichen Beginnen und realistischen Planen. Verhaltenstherapie, 19(1), 28-32.